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Quasioptische Sicht

Bild 1: sehr tieffliegende Ziele können unter dem Horizont unbemerkt heran fliegen

Quasioptische Sicht

Elektromagnetische Wellen verhalten sich fast wie Lichtstrahlen und können also nach optischen Gesetzmäßigkeiten berechnet werden. Das ist auch nicht verwunderlich, da ja Licht auch nur als eine elektromagnetische Welle betrachtet wird. Der Unterschied besteht nur in der Frequenz, die beim Licht sehr viel größer ist, als bei elektromagnetischen Wellen im Radarbereich.

Die quasioptische Sicht ist wegen der bei tieferen Frequenzen ausgeprägteren Beugung etwas weiter als die optische Sicht. Der Radarhorizont liegt also tiefer als der optische Horizont. Hindernisse auf dem Weg dorthin wirken sich auch unterschiedlich aus. Ein paar Bäume wirken sich auf die optische Sicht fatal aus, während elektromagnetische Wellen dieses Hindernis u.U. durchdringen können.

Ein erhöhter Beobachterstandort ist in der Optik genauso effektiv wie ein erhöhter Antennenaufbau für die elektromagnetischen Wellen, da durch die Krümmung der Erdoberfläche flache Gegenstände sehr schnell hinter dem Horizont verschwinden.

Das Diagramm in Bild 1 verdeutlicht die Sichtbarkeit von Tieffliegern, die durch die Erdkrümmung limitiert wird.

Bild 2: Zwei rechtwinklige Dreiecke helfen bei der Berechnung der quasioptischen Sicht

Die Herleitung der Berechnung der Reichweite abhängig von der Antennenhöhe und der Zielhöhe erfolgt nach einfachen trigonometrischen Regeln, die im Bild 2 dargestellt sind. Die maximale Reichweite ergibt sich aus den Teilen R1 und R2, welche nach dem Gesetz des Pythagoras berechnet werden:

(1)

Das Quadrat der Antennenhöhe ist in diesem Ausdruck sehr klein gegenüber dem anderen Term und kann einfach weggelassen werden, so dass die Näherung

(2)

verbleibt. Der dadurch entstehende Fehler ist in der Regel kleiner als 1%. Das gleiche Verfahren kann auch in dem zweiten Dreieck für die Entfernung R2 und die Höhe des Zieles vorgenommen werden:

(3)

Aus beiden Teilentfernungen kann die maximale Reichweite unter Berücksichtigung des Radarhorizonts ermittelt werden.

(4)

Der equivalente Erdradius req berücksichtigt die Standardrefraktion und ist gleich 4/3 des realen mittleren Erdradius von 6 371 km. Dieser Wurzelausdruck vor der Klammer kann zu einem konstanten Faktor zusammengefasst werden, wobei auch die unterschiedlichen Maßeinheiten (Rmax in Kilometern, die Höhen und req in Metern) berücksichtigt werden.

(5)

Von besonderer Bedeutung ist die quasioptische Sicht für maritime Radargeräte, da deren Aufbauhöhe durch den Mast stark begrenzt wird. Das gilt vor allem für kleinere Yachten, bei denen das obligatorische Navigationsradar möglichst weit oben befestigt werden sollte.

Das Navigationsradar auf einem Kriegsschiff befinde sich auf einer Höhe von 20 m über dem Meeresspiegel. Ein kleines Fischerboot erreicht mit seinen Aufbauten eine Höhe von 5 m. Ab welcher Entfernung wäre das Fischerboot auf dem Radar sichtbar?

(6)

Nun noch einmal gerechnet unter Verwendung einer vollständigen Gleichung (ohne diese Näherung):

(7)

Im Vergleich mit dem obigen Ergebnis beträgt die Differenz hier nur 50 m, was vernachlässigbar ist, zumal beide Ergebnisse abhängig sind von der aktuellen Refraktion, die hier nur als eine Standardgröße angenommen wurde.