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Radargleichung für ein Wetterradar

Die Darstellung der Radargleichung in diesem Abschnitt setzt die Kenntnis des Herleitung der Radargrundgleichung aus dem Abschnitt „Radargrundlagen“ voraus. Hier noch einmal zur Erinnerung die Gleichung in der Form, dass wir die Empfangsleistung als Funktion aller anderen Einflüsse betrachten:

l’équation du radarmit

Pe = empfangene Leistung
Ps = Sendeleistung
G = Antennengewinn
σ = effektive Reflexionsfläche
λ = Wellenlänge des Senders
R = Entfernung des reflektierenden Objekts(1)

Diese Radargleichung betrachtet ein Punktziel, also ein Ziel, welches sehr viel kleinere Abmessungen als das Impulsvolumen des Radargerätes aufweist. Wetterradarsysteme funktionieren nach einem ähnlichen, ja fast dem gleichen Prinzip wie die Primärradargeräte der Luftraumaufklärung. Der wichtigste Unterschied zwischen der effektive Rückstrahlfläche σ eines Flugkörpers und dem einer Wettererscheinung ist der, dass z.B. auch die kleinste Regenwolke sehr viel größere geometrische Ausmaße hat, als das größte Flugzeug (aber dafür ist die Wolke für die Radarfrequenzen „halbdurchlässig“). Untersuchen wir doch mal, wie sich die effektive Reflexionsfläche eines Regengebietes zusammensetzt.

Bei einem Regen ist jeder einzelne Regentropfen sehr viel kleiner als die Wellenlänge des Radargerätes. Deshalb wird die effektive Rückstrahlfläche durch die Formel der „Rayleigh”-Streuung bestimmt:

Rayleigh“ Formel; mit

D = Regentropfendurchmesser
ε = dielektrische Konstante.(2)

Für die bei Radargeräten üblichen Frequenzbänder L bis X hat Wasser den Faktor |K |2= 0.93 und für Eis gilt |K |2= 0.2

Nun orten wir aber nicht einen einzelnen Regentropfen, sondern eine bestimmte Anzahl selbiger in einer Volumeneinheit, also hier in 1 m3

wobei Z die Reflektivität bedeutet und η ist die Reflektivität pro Volumeneinheit.

Bild 1: Impulsvolumen

Bild 1: Impulsvolumen

Wenn die Regentropfen das gesamte Impulsvolumen der Hauptkeule des Antennendiagramms füllen, hat dieses Volumen die Größe von:

mit


φ = vertikaler Öffnungswinkel des Antennendiagramms
θ = horizontaler Öffnungswinkel
R = Entfernung zum Radar
c0 = Lichtgeschwindigkeit
τ = Sendeimpulsdauer(4)

Erinnern wir uns an die Radargleichung für Punktziele aus dem Abschnitt „Radargrundlagen”. Wir ersetzen die effektive Reflexionsfläche in der Gleichung mit den oben hergeleiteten Formeln:

(5)

Welchen enormen Einfluss die Werte von |K|2 in der Praxis haben, kann an einem Wetterradarbild gesehen werden. In sehr großer Höhe bei den dort herrschenden Temperaturen beginnt es zu schneien. Trockener Schnee hat eine sehr geringe effektive Reflexionsfläche. Im Sinkflug erreichen die Schneeflocken wärmere Luftschichten. Sie fangen an, aufzutauen. Der Schnee wird erst einmal nass und die Reflektivität erhöht sich drastisch.

In den tieferen wärmeren Luftschichten fallen also nur noch Wassertropfen. Die effektive Reflexionsfläche verringert sich wieder, dafür erhöht sich deren Fallgeschwindigkeit. Dieser Effekt verursacht eine höhenabhängige Helligkeitsbandbreite, das sogenannte „bright band“, auf dem Radarbildschirm.

Bild 2: Größe des Impulsvolumen in Abhängigkeit von der Entfernung

Bild 2: Größe des Impulsvolumen in Abhängigkeit von der Entfernung

Somit haben wir also den prinzipiellen Unterschied zwischen der Radargrundgleichung für Aufklärungsradargeräte und der für Wetterradargeräte erarbeitet.

Diese Form ist allerdings für Wetterradaranwendungen noch völlig ungeeignet. Sie wird hier ja auch nicht aus der Sicht eines Meteorologen, sonder aus der Sicht eines Radargerätemechanikers für Aufklärungsradargeräte betrachtet. Wenn diese Formel wieder nach der Reichweite R umgestellt wird, so wie sie für ein Aufklärungsradar genutzt wird, dann erkennt man, dass plötzlich nicht mehr eine vierte Wurzel, sondern nur noch eine Quadratwurzel für die Reichweitenberechnung genutzt wird. Warum?

Das Volumen vergrößert sich proportional dem Quadrat der Entfernung! Es passen bei gleicher Dichte sehr viel mehr reflektierende Regentropfen in das Volumen und es wird also sehr viel mehr Energie reflektiert, als wenn es sich nur um ein einzelnes Punktziel (etwa ein Flugzeug) handelt. Anstelle der Abhängigkeit der maximalen Entfernung von der vierten Wurzel aus den Parametern eines Aufklärungsradars hat ein Wetterradar die Abhängigkeit von der Quadratwurzel!

Anstelle der Abhängigkeit der maximalen Entfernung von der vierten Wurzel aus den Parametern eines Aufklärungsradars hat ein Wetterradar die Abhängigkeit von der Quadratwurzel!

Aber welche Formel wird nun im Wetterradar benutzt?

Erinnern wir uns an die Grundaussage: das Wetterradar muss die Größe des Echosignals messen. Das Echosignal soll also eine Funktion von der Art, der Größe und der Anzahl von Wetterobjekten pro Volumeneinheit sein. Die individuellen Parameter des Radargerätes sind möglichst als Konstante k zusammenzufassen, da sie sich während der Wetterbeobachtung nicht ändern (sollen):

Radargleichung für ein Wetterradarmit
 
 

Pe = Leistung des Echosignals
Ps = Sendeleistung
k = gerätetypischer Faktor, der das Radargerät beschreibt
λ = Wellenlänge des Radarsenders
ε = Wert für die physikalischen Eigenschaften der reflektierenden Objekte
N = Anzahl der Niederschlags-/wolkenteilchen
D = Durchmesser der Niederschlags-/wolkenteilchen (6)

 

Der Wert ε hängt von den pysikalischen Eigenschaften der reflektierenden Objekte (Niederschlags- oder Wolkenteilchen) ab. Es kann Werte von etwa 0,208 für Eis und Schnee bis etwa 0,93 für Regentropfen annehmen.

Das große Problem für ein Wetterradar ist, dass in dieser Gleichung drei Unbekannte (ε, N, D) sind, welche die Software des Radargerätes bestimmen muss. Zudem sind auch Mischformen von Niederschlagsarten möglich. Der Wert für ε kann also weit variieren.

Interessant ist, dass der Durchmesser des Regentropfens in der sechsten Potenz auftritt. Das heißt dass ein einzelner Regentropfen mit 5 mm Durchmesser genau so viel Leistung reflektiert, wie 15 625 Regentropfen mit nur einem Millimeter Durchmesser (1 · 5⁶ = 15 625 · 1).