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Bragg- Reflexion

Bild 1: Durch konstruktive Interferenz können sich die schwachen Einzel-Reflexionen zu einem bedeutsamen Echosignal addieren. Ein kurzer Sendeimpuls wird dabei allerdings stark gedehnt.

Bild 1: Durch konstruktive Interferenz können sich die schwachen Einzel-Reflexionen zu einem bedeutsamen Echosignal addieren. Ein kurzer Sendeimpuls wird dabei allerdings stark gedehnt.

Was ist eine Bragg- Reflexion?

Bragg- Reflexion

Die Bragg- Reflexion erklärt die Effekte der Reflexion von elektromagnetischen Wellen an regelmäßigen Strukturen, deren Abstände im Bereich der Wellenlänge liegen. Das Phänomen wurde 1912 von William Lawrence Bragg und William Henry Bragg bei Röntgenstrahlen und deren Reflexion an Kristallgittern untersucht. Mit der wesentlich größeren Wellenlänge bei Radargeräten können regelmäßige Strukturen an reflektierenden Flächen oder Volumen untersucht werden.

Regelmäßige periodische Strukturen mit untereinander konstantem Abstand lassen bei bestimmten Wellenlängen eine kohärente Überlagerung und somit konstruktive sowie destruktive Interferenzen der Reflexionen an den Teilflächen zu. Während die destruktive Interferenz bei Radargeräten bedeutungslos ist, können in Richtung des Radarempfängers bei konstruktiver Interferenz die Echosignale sich wesentlich verstärken. Konstruktive Interferenz tritt bei einem bestimmten Verhältnis zwischen der gesendeten Wellenlänge und dem Abstand der reflektierenden Teilflächen auf:

d = λt mit d = Abstand der reflektierenden Teilflächen
λt = Wellenlänge des Radarsenders
θ = Einfallswinkel (auch „Glanzwinkel“ oder „Bragg-Winkel“)
(1)
cos θ

Bei variabler Sendefrequenz kann somit der Abstand zwischen den regelmäßigen Strukturen gemessen werden. Dieser Effekt wird ausgenutzt, um zum Beispiel die Höhe des Seeganges (Wellenabstand und Ausbreitungs- und somit auch Windrichtung) weit entfernt vor der Küste mittels extrem langwelligem Radar zu messen. Die Ausbreitung der elektromagnetischen Welle ist hier parallel zur Meeresoberfläche, der Einfallswinkel θ somit Null Grad. An jedem Wellenkamm wird ein kleiner Anteil der Sendeenergie gebeugt und vom nächsten Wellenberg reflektiert. Bei einer Sendefrequenz von 5 MHz hat die elektromagnetische Welle eine Wellenlänge von 60 m. Eine konstruktive Interferenz kann bei einem Seegang mit Wellen mit einem Abstand von 30 m auftreten. Ein praktisches Beispiel ist dafür das WERA- Radar, welches im Kurzwellenbereich den Seegang bis in eine Entfernung von 250 km vor der Küste anzeigen kann. Aber auch bei in Satelliten genutzten Radargeräten tritt dieser Effekt auf.

Im Wetterradar wird die Bragg-Reflexion in sogenannten Wind-Profilern ausgenutzt. Die regelmäßigen Strukturen werden hier durch große Lautsprecher künstlich erzeugt. Nach oben gerichtete Schallwellen (Longitudinalwellen) erzeugen abhängig von der akustischen Frequenz Bereiche unterschiedlicher Luftdichte. Deren Abstände untereinander sind abhängig von der akustischen Wellenlänge, hier also von der (bekannten) Frequenz und der (noch) unbekannten Ausbreitungsgeschwindigkeit, welche abhängig von der durchschnittlichen Dichte der Luftschichten ist. An diesen Inhomogenitäten wird jeweils ein kleiner Teil der Sendeenergie reflektiert. Mit dem Radarprinzip wird jetzt die Bragg-Reflexion an den regelmäßigen Abständen der durch den Schall erzeugten Dichtemodulation registriert. (Die Ausbreitungsgeschwindigkeit der elektromagnetischen Wellen kann in dem betrachteten Bereich als konstant angenommen werden.) Indirekt kann somit auch auf Temperaturunterschiede zwischen den Luftschichten geschlossen werden, da die Temperatur ebenfalls die Dichte der Luft und somit die akustische Wellenlänge beeinflusst.

In Luftraumaufklärungsradargeräten macht sich dieser Effekt jedoch eher störend bemerkbar. Zufällige Folgen von Inhomogenitäten in der Luftdichte können sogennannte Clear-Air-Echos erzeugen, die auch als „Engel“ bezeichnet werden und Fehlalarme auslösen können.