www.radartutorial.eu www.radartutorial.eu Grundlagen der Radartechnik

Inhaltsverzeichnis « …Radarstrahlung? »
  1. Röntgenstörstrahlung
  2. Hochfrequente Strahlung
  3. Messung einer Belastung
  4. Berechnung einer Belastung
  5. Strahlungsbelastung

Was ist Radarstrahlung?

Leistungsdichte eines Radargerätes am Erdboden

In der Vergangenheit wurden viele Beispiele bekannt von gesundheitsgefährdenden Wirkungen elektromagnetischer Strahlungen, die durch Radargeräte verursacht wurden. Schnell wurde durch eine Boulevardzeitung dafür ein Schlagwort gefunden: Radarstrahlung, ein Begriff, der sich zwar gut einprägte, aber logisch und technisch falsch ist. Alle diese traurigen Beispiele über krebserregende Strahlungen betrafen nämlich nicht das Radargerät selbst, sondern einige Bauteile (speziell Röhren, die mit extrem hoher Spannung betrieben wurden: Bildröhren, Modulator-Röhren etc.) die teilweise genauso auch in anderen Geräten Verwendung fanden: zum Beispiel Fernsehgeräten und anfangs auch Computermonitoren. Der Unterschied (aus dieser Sicht) bestand jedoch darin, dass bei Fernsehgeräten eine Begrenzung der Nutzungsdauer von nur wenigen Jahren ausreichte, um neuere, als „strahlungsarm“ deklarierte Geräte zu verkaufen. Im Gegensatz dazu mussten Radargeräte über einen sehr viel längeren Zeitraum betrieben werden: oft bis zu 30 … 40 Jahre.

Röntgenstörstrahlung

Die schädliche Strahlung ist eine Röntgenstrahlung, die in der Vergangenheit aus Unkenntnis oder möglicherweise Fahrlässigkeit auf das Radarpersonal wirkte, das sich oft direkt neben diesen Strahlungsquellen aufhalten musste. Diese Strahlung in den Radargeräten wird als Röntgenstörstrahlung bezeichnet. Fachleute zählen sie zu den ionisierenden Strahlungen. Sie haben wegen ihrer hohen Energie direkte Auswirkungen auf menschliches Gewebe und können dadurch Krebs auslösen. Ein wirksamer Schutz vor dieser Strahlung ist dagegen ganz einfach: ein ausreichend dickes (etwa 2 mm) Eisenblech rings um diese Strahlungsquelle (Röhre).

Bei Bildröhren in Fernsehgeräten wurde der Schutz durch ein dickeres Spezialglas in Richtung des Zuschauers erreicht. Auch hier wurde ein Schutz vor allem deswegen erreicht, weil sich der Zuschauer nicht direkt vor dem Bildschirm aufhielt, sondern erst in einer Entfernung von mehreren Metern. Bei Computerbildschirmen führte der geringere Abstand zwischen Benutzer und Bildröhre zu höheren Belastungen. Sie wurden reduziert, da der Computerbildschirm nicht so groß wie ein Fernsehbildschirm war und deswegen die notwendige Anodenspannung der Bildröhre auch geringer sein konnte.

Alle als Dienstbeschädigung anerkannten Erkrankungen von Bedienungspersonal von militärischen Radargeräten beruhen auf dieser Röntgenstörstrahlung. Mittlerweile sind alle Radargeräte, die eine solche Röntgenstörstrahlung erzeugten, entweder komplett außer Betrieb genommen oder wurden auf strahlungsarme Baugruppen umgerüstet.

Hochfrequente Strahlung

In der deutschen Sprache ist der Begriff der „Strahlung“ eigentlich vom Elektromagnetismus abgegrenzt und umfasst nur Wärme-, Licht- und Partikelstrahlung und ist im Kontext der Radioaktivität und Röntgenstrahlung) angesiedelt also alles oberhalb des Radar-Terahertz-Bereiches, sprich oberhalb von 300 GHz. Bei elektromagnetischen Feldern von Radarantenne spricht man entweder von eben diesen Feldern (und messtechnisch von einer Feldstärke) oder aber pauschal von einer hochfrequenten Emission. Oft wird jedoch dieser Begriff Radarstrahlung auch auf die hochfrequente Emission ausgedehnt. Diese Strahlungsbelastung durch die vom Sender und von der Radarantenne abgestrahlte Leistung ist jedoch nicht als schädigend anerkannt. Fachleute zählen sie zur nicht-ionisierenden Strahlung. Die Auswirkungen auf das menschliche Gewebe werden nur als thermische Belastung angesehen. Aber genau diese Art der Strahlungsbelastung führt meist zu Befürchtungen bei Anwohnern in der Nähe von Radargeräten. Leider werden diese Befürchtungen zusätzlich dadurch geschürt, dass völlig falsche Berechnungen und oft nur spekulative Annahmen zu völlig überzogenen Werten einer Strahlungsbelastung führen.

Wellenlänge
Frequenz
Leistungsdichte (W/m²)
OTH-Radargeräte
Navigationsradar
diverse zivile und
militärische Radargeräte

Bild 1: Grenzwerte für HF-Leistungsdichten gemäß Richtlinie 2004/40/EG
(In der neueren Richtlinie 2013/35/EU sind die Grenzwerte unterhalb von 6 GHz nicht mehr enthalten.)

Wellenlänge
Frequenz
Leistungsdichte (W/m²)
OTH-Radargeräte
Luftverteidigungsradar
Flugsicherungsradar
Wetterradar
Navigationsradar
diverse zivile und
militärische Radargeräte

Bild 1: Grenzwerte für HF-Leistungsdichten gemäß Richtlinie 2004/40/EG
(In der neueren Richtlinie 2013/35/EU sind die Grenzwerte unterhalb von 6 GHz nicht mehr enthalten.)

Wellenlänge
Frequenz
Leistungsdichte (W/m²)
OTH-Radargeräte
Navigationsradar
diverse zivile und
militärische Radargeräte

Bild 1: Grenzwerte für HF-Leistungsdichten gemäß Richtlinie 2004/40/EG
(In der neueren Richtlinie 2013/35/EU sind die Grenzwerte unterhalb von 6 GHz nicht mehr enthalten.)

Generell kann eine Leistungsdichte nur als Effektivwert (nicht als Impulsleistung!) gemessen werden und deswegen beziehen sich die auf der Grundlage der Richtlinie 2004/40/EG festgelegten Grenzwerte, die durch deutsches Recht übernommen wurden, auf diesen Effektivwert. Einschränkend muss gesagt werden, dass diese Grenzwerte nur für relativ kurzzeitige Belastung ausgewiesen sind, d.h. sie betreffen nicht eine langjährige Dauerbelastung. Für solche Bewertung existieren leider keine medizinischen Untersuchungen, einfach weil es unmöglich ist, eine notwendig große Zahl von Vergleichspersonen zu finden, auf die in deren bisherigen Leben keinerlei Belastung durch Hochfrequenzquellen eingewirkt hat (die aber trotzdem allen anderen Einflüssen der Zivilisation unterliegen).

Es gibt mittlerweile auch eine neue EU-Richtlinie, in der diese festen Werte der HF-Leistungsdichten unterhalb von 6 GHz nicht mehr enthalten sind.

Messung einer Belastung

Eine Messung des elektromagnetischen Wechselfeldes ist mit speziellen Leistungsmessgeräten möglich. Sie wird entweder in Watt pro Quadratmeter (W/m²) oder in Milliwatt pro Quadratzentimeter (10 W/m² = 1 mW/cm²) angegeben. Messwerte in µW/m² (Mikrowatt je Quadratmeter) dienen nur dazu, einen möglichst spektakulären Zahlenwert nennen zu können, der sich nach Kürzung mit dem Präfix (µ = ein Millionstel) meist auf einstellige Werte reduziert. Über eine genau kalibrierte Empfangsantenne, die ein möglichst breites Spektrum des zu messenden Frequenzbereiches empfangen kann, wird die Strahlung an das Messgerät geführt. Die Verluste dieser Leitung und der Gewinn der Empfangsantenne müssen in das Endergebnis einfließen.

Die Hochfrequenz wird an ein spezielles Bauteil (Thermistor) geführt. Die Energie dieser Strahlung erwärmt dieses Bauteil und nach einer gewissen Zeit verändert dieses Bauteil seinen Widerstand, der mit Hilfe einer Messbrücke gemessen werden kann. Diese Widerstandsänderung ist das Maß der Strahlungsbelastung. Dadurch, dass die Erwärmung des Bauteiles Zeit benötigt, kann nur ein Effektivwert gemessen werden, also eine äquivalente Dauerstrichleistung, keine Impulsleistung.

Speziell die Messungen von hochfrequenten Feldern von Radargeräten sind nur im direkten Umfeld (bis zu 100 Meter Entfernung) der Radargeräte möglich, da die zu erwartenden Leistungen bei größerer Entfernung so gering werden, dass sie durch das Messgerät nicht mehr registriert werden können.

Berechnung einer Belastung

Das ist ein Lieblingsthema gewisser Verschwörungstheoretiker, die dann mit solchen Begriffen wie Impulsleistung (statt effektiver Dauerstrichleistung) und mit dem Gewinn einer Radarantenne (die dann eigentlich in eine ganz andere Richtung strahlt) hantieren um wenigstens theoretisch auf eine nennenswerte Zahl für eine (wie sie es nennen:) Strahlungsbelastung zu kommen.

Für eine Strahlungsbelastung ist die Leistungsdichte der hochfrequenten Strahlung entscheidend. Folgende Größen haben für jedes Radargerät unterschiedlich eine Bedeutung auf die Leistungsdichte an einem bestimmten Messort:

  • Impulsleistung
    Für die Leistungsdichte ist die Angabe einer Dauerstrichleistung erforderlich. Die Impulsleistung eines Radargerätes kann bei bekanntem Tastverhältnis in eine äquivalente Dauerstrichleistung umgerechnet werden. Die Zahlen, die dann als sogenannter „worst case“ angenommen werden (also der ungünstigst anzunehmende Fall) sind schon rein spekulativ. Die Dauerstrichleistung eines Radarsenders ist aufgrund der notwendigen thermischen Stabilität der Senderendstufen immer konstant und ist einem bestimmten Tastverhältnis angepasst. Sollte sich das Tastverhältnis ändern, so ändert sich auch die abgegebene Impulsleistung, so dass die Dauerstrichleistung konstant bleibt. Für die Umrechnung muss also bei Verwendung von mehreren möglichen Tastverhältnissen immer deren Durchschnitt verwendet werden.
    Änderungen der Impulsleistung im Bereich von bis zu 10 % sind für das Radargerät vernachlässigbar.

  • Der Gewinn einer Parabolantenne ist abhängig von dem Verhältnis ihrer geometrischen Größe und der genutzten Wellenlänge. Er konzentriert die Sendeleistung in eine gewünschte Richtung. Der einer Radaranlage kann bei größeren Frequenzen (zum Beispiel ab 10 GHz) bis zu 43 dB (etwa das 20 000–fache) oder mehr betragen. Bei tieferen Frequenzen (1 bis 5 GHz) werden oft nur bis zu 32 dB erreicht (etwa das 1 600–fache). Die Dauerstrichleistung (nicht die Impulsleistung!) kann dann mit diesem Wert multipliziert werden. Das Ergebnis ist dann die Strahlungsbelastung für die Hauptrichtung der Antenne.
  • Antennendiagramm
    Dieser Gewinn wird aber nur in dieser einen Hauptrichtung (Hauptkeule) die meist schräg nach oben gerichtet ist, erreicht und beeinträchtigt nur indirekt die Messergebnisse am Boden. Abstrahlwinkel unter 0,5° sind theoretisch möglich, werden in der Praxis jedoch nicht genutzt, weil sie dem Ziel, eine möglichst große Radarreichweite zu erreichen, entgegengesetzt stehen.
    Normalerweise können am Boden nur die Nebenkeulen wirken. Selbst im ungünstigsten Fall ist die Leistung in diesen Nebenkeulen um 20  bis 25 dB (100–fach bis 320–fach) geringer als in der Hauptkeule. Auch hier kann man nicht einfach die ungünstigere Zahl auswählen, denn der schlechtere Wert ist immer auch an die Antenne mit dem schlechteren Gewinn gekoppelt!
  • Equivalent Isotropic Radiated Power (EIRP)
    Mit allen diesen bisherigen Abhängigkeiten kann nun ein fiktiver Wert berechnet werden, den ein Sender mit kugelförmiger Strahlungscharakteristik (also in alle Richtungen gleichzeitig) strahlen müsste, um effektiv die gleiche Wirkung zu erzielen. Das ist eine reine Rechengröße, die in der Praxis nicht auftritt. Sie wird manchmal auch äquivalente Sendeleistung genannt.

Bild 2: Leistungsdichte auf einer Kugeloberfläche

Grafik: zwei Segmente auf der Oberfläche von zwei konzentrischen Kugeln unterschiedlicher Größe zeigen, dass sich die Fläche pro Leistung mit zunehmender Entfernung vom Mittelpunkt vergrößert. Somit nimmt die Strahlungsdichte pro Flächeneinheit mit zunehmender Entfernung ab.

Bild 2: Leistungsdichte auf einer Kugeloberfläche

  • Entfernungsabhängigkeit
    Die berechnete Leistung an einem Empfangsort ist wesentlich abhängig von der Entfernung, da diese Leistung sich auf eine immer größere Kugeloberfläche verteilen muss. Diese Oberfläche nimmt mit dem Quadrat des Radius dieser Kugel zu; die Leistung muss also durch das Quadrat dieses Radius (sprich: der Entfernung zu einem Messpunkt) geteilt werden. Diese Abhängigkeit wird Strahlungsdivergenz und im Weiteren Freiraumdämpfung genannt.

Bild 2: Leistungsdichte auf einer Kugeloberfläche

  • Zeitbilanz
    Wenn eine für den Rundsichtbetrieb (Luftraumaufklärung, Wetterradar) ausgelegte Antenne sich nicht mehr dreht, so muss der Sender sich automatisch abschalten. Es ist also nicht möglich, dass ein Radar ständig in eine einzige Richtung strahlt. Die Leistungsdichte ist dann abhängig von der Drehgeschwindigkeit (und gegebenenfalls von den Höhenwinkelmanövern) der Radarantenne sowie der Breite des Antennendiagramms. Diese Angaben werden in dem Begriff Beleuchtungszeit zusammengefasst. Für das Radargerät kann abhängig von der erforderlichen Datenerneuerungsrate eine Zeitbilanz erstellt werden. Praktisch heißt das, dass ein Flugplatzradar alle 4 bis 5 Sekunden; ein Wetterradar im Durchschnitt einmal alle 15 Minuten (!) nur wenige Millisekunden lang in die gleiche Richtung strahlt.
    Da die Leistungsdichte einen Effektivwert darstellt, verringert sich dieser um das Verhältnis beider Zeiten nochmals.

Diese Einflüsse für einen Messpunkt im Bereich einer Nebenkeule können zusammengefasst werden in folgender Gleichung:

Leistungsdichte =   Durchschnittsleistung  ·   ·  Beleuchtungszeit
Strahlungsdivergenz Nebenkeulendämpfung Antennenumlaufzeit

 

SA = PAve · G · TD mit: SA = Leistungsdichte
PAve = Dauerstrichleistung (Average Power)
R = Entfernung Radar - Messort (Range) [m]
G = (Gain)
ASL = Nebenkeulendämpfung (Side Lobe Attenuation)
TD = Beleuchtungszeit (Dwell Time) [s]
tu = Antennenumlaufzeit [s]
(2)
4 · π · R2 · ASL · tu
 

Alle diese Einflüsse zusammengenommen ergeben für eine Ortschaft, die sich in einer Entfernung von 2000 Metern vom Radar befindet und zum Radar hin einen Höhenwinkel von kleiner als 0,5° hat, eine mögliche Leistungsdichte im Mikro- bis hinab in den Nanowattbereich pro Quadratzentimeter. Derart geringe Leistungsdichten sind kaum messbar und überschreiten deswegen mit Sicherheit nicht die gegebenen Grenzwerte. Im Vergleich dazu erzeugt jeder Staubsauger im gleichen Frequenzbereich mit seinen Funken an den verschmutzten Kontakten des Kollektors des Motors eine höhere HF-Leistungsdichte für den Benutzer dieses Staubsaugers als das weit entfernte Radar!

Die oben genannte fiktive Leistungsangabe „Equivalent Isotropic Radiated Power (EIRP)“ hat in dieser Gleichung keinen Eingang gefunden: somit ist eine Angabe von EIRP für eine reale Leistungsdichte und in der Folge auf eine Strahlungsbelastung unwesentlich. Sie ist aber in dem Term PAve · G versteckt. Wenn statt der Dauerstrichleistung des Senders tatsächlich nur eine EIRP der Durchschnittsleistung einer Radaranlage gegeben ist, dann muss aus der obigen Gleichung der entfernt werden, weil er schon in der EIRP enthalten ist. Ist mit dieser EIRP eine Impulsleistung gegeben, dann muss das Tastverhältnis des Senders berücksichtigt werden.

Strahlungsbelastung

Eine Strahlungsbelastung wird oft fälschlicherweise mit dieser Leistungsdichte gleichgesetzt. Sie ist jedoch abhängig davon, wie viel Energie aus dieser Leistungsdichte von einem menschlichen Körper aufgenommen werden kann. Der menschliche Körper wirkt nun als Antenne mit einer gewissen Apertur oder effektiven Antennenfläche. Die aufgenommene Energie ist eine Funktion der Leistungsdichte und zusätzlich von der genutzten Wellenlänge, der Dauer der Einwirkung sowie eine Funktion der individuellen Körpermasse.

Da heutige Radargeräte mit einer sehr hohen Frequenz arbeiten (Wetterradargeräte meist mit etwa 5 Ghz, Waffenleitradar und maritimes Navigationsradar meist mit 10 GHz, automotives Radar sogar bei 75 GHz), kann diese hochfrequente Strahlung gar nicht tief in den Körper eindringen. Meist wird sie nach einigen Zentimetern, oft schon nach wenigen Millimetern Tiefe von der Haut absorbiert, also derart geschwächt, dass sie tiefer liegende innere Organe gar nicht erreichen kann.

Für weitergehende Fragen in konkreten Fällen wenden Sie sich bitte an das Team Strahlenschutz.