Leitungsabschnitte

Bild 1: Strom- und Spannungsverlauf auf einer Leitung

Bild 1: Strom- und Spannungsverlauf auf einer Leitung

Bild 2: Stichleitungen als Abstandshalter
Leitungsabschnitte
In der Hochfrequenztechnik werden für Abstimmungszwecke meist in der Länge abgestimmte Leitungsabschnitte verwendet. Solche Leitungsabschnitte können parallel zur Leitung geschaltet werden und werden dann als Stichleitung oder englisch: Stub bezeichnet. Die längenmäßige Abstimmung ist eine Anpassung an die zu übertragende Wellenlänge.
Diese Leitungsabschnitte werden bewusst fehlangepasst betrieben: das heißt, sie werden nicht mit einem Widerstand in der Größe der Leitungsimpedanz abgeschlossen, sondern entweder kurzgeschlossen oder offen gelassen.
Ein Kurzschluss bedeutet, dass an dieser Stelle der Widerstand nahe oder gleich Null ist, somit die an diesem Punkt messbare Spannung ebenfalls gleich Null ist, aber es fließt ein maximaler Strom. Bei einer offenen Leitung kann kein Strom fließen, aber die Spannung hat an dieser Stelle ihren maximalen Wert. Bei einer hochfrequenten Welle auf dieser Leitung wird die Welle an solchen fehlangepassten Stellen vollständig reflektiert. Durch Interferenz der hinlaufenden mit der rücklaufenden Welle entsteht eine stehende Welle. Entlang der Leitung kann nun diese maximale (oder bei Kurzschluss: minimale) Spannung im Abstand von der halben Wellenlänge von dieser Fehlanpassung wiederholt gemessen werden.
Ist nun der Abstand nur ein viertel der Wellenlänge, dann kehrt sich das Verhältnis um. Die an der Fehlanpassung (offene Leitung) maximale Spannung ist an dieser Stelle Null, der Strom hingegen maximal. Ist nun die Fehlanpassung ein Kurzschluss, dann ist in diesem Abstand der Strom Null, aber die Spannung maximal.
Gemäß dem Ohm'schen Gesetz R = U / I lässt sich aus beiden Werten ein Widerstand berechnen. Ist die Spannung Null, dann ist auch der Widerstand Null; ist der Strom Null, dann haben wir eine Division durch Null: der Widerstand geht gegen Unendlich. Die längenmäßig abgestimmte Leitung hat nun zum Beispiel den Kurzschluss in sein Gegenteil verkehrt: ihn in eine offene Leitung transformiert.
Anwendungsfälle
- Solche Leitungsabschnitte können als Teil von Filtern verwendet werden, die bestimmte Frequenzen bevorzugen: nämlich diejenigen, für welche die berechnete Beziehung der Länge des Leitungsabschnitts zur Wellenlänge genau zutrifft. Zum Beispiel in der Länge ¾ λ nach einem Kurzschluss haben sie einen sehr hohen Widerstand und beeinflussen das Signal nur wenig. Für benachbarte Frequenzen kann die gleiche Länge aber ½ λ bedeuten. Solche Frequenzen werden auf dieser Leitung dann stark bedämpft.
- Zweidrahtleitungen müssen einen bestimmten Abstand zwischen den Drähten haben, damit die Impedanz stimmt. Wenn solche Abstandshalter direkt zwischen den Drähten angebracht werden, dann müssen sie gut isoliert sein um das Signal nicht zu bedämpfen. Wird statt dessen eine Stichleitung verwendet (wie im Bild 2 gezeigt), dann transformieren sie den Kurzschluss am unteren Ende zu einer Verbindung mit einem fast unendlichen Widerstand – also mit einer sehr guten Isolation.