Was ist ein Hohlleiter?
Grundlagen der Hohlleiter

Bild 1: Abmessungen eines Rechteckhohlleiters, hier ein sehr kurzer Abschnitt Hohlleiter mit Drosselverbindung für Frequenzen von 18,0 … 26,5 GHz

Bild 1: Abmessungen eines Rechteckhohlleiters, hier ein sehr kurzer Abschnitt Hohlleiter mit Drosselverbindung für Frequenzen von 18,0 … 26,5 GHz

Bild 2: Entstehung des Hohlleiters aus kurzgeschlossenen λ /4 – Leitungsabschnitten
Grundlagen der Hohlleiter
Hohlleiter sind Wellenleiter für hochfrequente elektromagnetische Wellen. Es sind metallische Rohre aus oft hochwertigem Material (Kupfer, Messing – teilweise auch versilbert oder sogar vergoldet). Neueste Technologie ist, diese Hohlleiter aus galvanisch metallisierten sehr leichten Kohlefaserverbundstoffen zu fertigen. [1]
Hohlleiter können rechteckigen, runden oder elliptischen Querschnitt haben, wobei der rechteckige Hohlleiter am häufigsten bei relativ kurzen Verbindungen eingesetzt wird. Hohlleiter haben gegenüber dem Koaxialkabel wesentliche Vorteile, die aber in der Praxis erst bei hohen Frequenzen ab 1 GHz sinnvoll genutzt werden können. Mit ihnen lässt sich elektrische Leistung im Mikrowellenbereich viel verlustärmer übertragen als mit drahtförmigen elektrischen Leitungen. In Metallflächen sind die für den Energietransport genutzten elektrischen und magnetischen Felder gleich Null, deshalb sind diese Felder begrenzt auf den Raum innerhalb der Hohlleiterwände. Sie sind somit komplett geschirmt gegen Strahlung, sowohl von innen nach außen (dadurch keine Leistungsverluste durch Abstrahlung), als auch von außen nach innen, was in einer guten Störfestigkeit bei sehr schwachen Nutzsignalen resultiert.
Nachteile der Koaxialkabel:
Im Frequenzbereich über etwa 1000 MHz weisen koaxiale Leitungen bei der Übertragung von hohen
Leistungen (z.B. Sendesignale) eine Reihe von erheblichen Nachteilen auf,
wie hohe Dämpfung und geringe Überschlagsfestigkeit.
Die Dämpfungsverluste entstehen durch leitungseigene Kapazitäten und Induktivitäten, sowie dem
Skineffekt
und nehmen mit steigender Übertragungsfrequenz erheblich zu.
Oberhalb von 36 GHz können Koaxialkabel wegen der hohen Dämpfung kaum noch verwendet werden.
Die Überschlagsfestigkeit wird beim Koaxialkabel durch den geringen räumlichen Abstand zwischen Innen- und Außenleiter stark begrenzt.
Sind solche Nachteile bei leistungsschwachen Signalen noch akzeptabel, führen sie im Hochleistungsbereich zu nicht tolerierbaren Verlusten.
Konstruktion eines Hohlleiters
Eine normale Zweidrahtleitung müsste in regelmäßigen Abständen durch Isolatoren gestützt werden. Diese Abstandshalter müssen bei Hochfrequenzanwendungen nicht isoliert sein, sie können als kurzgeschlossene und abgestimmte λ /4 – Leitungen (als sogenannte ”stubs“) ausgeführt werden. Bei guter Anpassung werden sie den Kurzschluss zu einem sehr hochohmigen Anschluss an die Zweidrahtleitung transformieren.
Theoretisch entsteht ein Hohlleiter, indem unzählige solche Stubs zu einem liegenden U – Profil aneinandergereiht werden. Zwei dieser Profile gegenüberliegend aneinandergefügt ergeben dann einen Hohlleiter mit rechteckigem Querschnitt und einer Breite von λ /2.
Diese λ /4 – Leitungsabschnitte machen die Funktion des Hohlleiters frequenzabhängig. Signale können sich erst ab einer bestimmten Frequenz im Hohlleiter ausbreiten. Diese Frequenz ist von den Abmessungen des Hohlleiters, speziell von der Seite „a“, abhängig. Ausbreitungsbedingungen bestehen, wenn die zu übertragene Wellenlänge kleiner als die sogenannte Grenzwellenlänge λ Grenz ist.
Die Grenzwellenlänge rechteckförmiger Hohlleiter ergibt sich aus der Formel:
λGrenz = 2 · a | λGrenz = Grenzwellenlänge [m] a = längere Dimension des Hohlleiters. [m] |
Daraus ist ersichtlich, dass größere Wellenlängen auch größere Hohlleiterabmessungen verlangen. Ab einer gewissen Wellenlänge (zum Beispiel unterhalb von 1 GHz – was einer Wellenlänge größer als 30 cm entspricht) wird dann aber ein Hohlleiter einfach zu groß und unhandlich.

Bild 3: E- Feld im Hohlleiter (Querschnitt, Momentaufnahme, H10- Modus)
Hohlleiter sind nach DIN 47302 in ihren Abmessungen spezifiziert. Die DIN-Spezifikationen und Bezeichnungen entsprechen denen der IEC 153. Bei einem rechteckigen Hohlleiter ist die schmalere Seite „b“ halb so groß wie die breitere Seite „a”. Für den Hohlleiterabschnitt im Bild 1 wird ein aus Messing stranggepresstes Rechteckrohr als Halbzeug vom Typ WR 42 verwendet. Der Name WR 42 ergibt sich aus der englischen Bezeichnung “Waveguide Rectangular” und die folgende Zahl entspricht der Breite der Seite „a“ in Hundertstel Zoll.
- Dessen Seite „a“ ist somit genau 0,42 Zoll, also 0,42 · 25,4 mm = 10,67 mm breit.
- Die Breite der Seite „b“ ist davon genau die Hälfte, also 5,34 mm.
- Seine untere Grenzfrequenz beträgt 14,051 GHz. Verlustarme Übertragungen von Frequenzen beginnen aber erst ab 30% oberhalb dieser Grenzfrequenz.
- Eine obere Grenzfrequenz wird durch die Ausbreitungsbedingung für einen falschen Mode bestimmt, dessen untere Grenzfrequenz in diesem Hohlleiter 28,102 GHz beträgt. Die obere Grenzfrequenz für den Grundmode liegt etwa 5% darunter.
- Das entsprechende Frequenzband für diesen Hohlleitertyp liegt zwischen 18,0 GHz und 26,5 GHz.[2]

Feld
Bild 3: generelle Ausbreitungsmoden im Hohlleiter

Feld
Bild 4: generelle Ausbreitungsmoden im Hohlleiter
Ausbreitung elektromagnetischer Wellen im Hohlleiter
Wenn in einen Hohlleiter Energie eingespeist wird, dann bildet sich in der Mitte der breiteren Seite „a“ ein elektrisches Feld (E- Feld). Das elektrische Feld ist in der Mitte des Hohlleiters am stärksten und nimmt zu den schmaleren Seiten „b“ hin ab. Es weist im Querschnitt einen sinusförmigen Verlauf auf. Durch das elektrische Feld entsteht auch ein magnetisches Feld. Das magnetische Feld kann aber nicht senkrecht auf einem metallischen Leiter stehen. Als Ausbreitungsrichtung verbleibt nur die durch den Hohlleiter geführte Richtung.
Zeitlich ändert sich das elektrische Feld mit der Frequenz und hat in Längsrichtung des Hohlleiters Maxima und Minima im Abstand der halben Wellenlänge. Hochfrequente Energie, die in einen Hohlleiter eingespeist wird, baut so im Innern eine elektromagnetische Transversalwelle (TEM) auf, deren elektrisches und magnetisches Feld senkrecht zueinander stehen. Das elektrische Feld (E-Feld) baut sich zwischen den beiden breiteren Hohlleiterwänden auf, das magnetische Feld (H-Feld) zwischen den zwei schmaleren. Die Felder verharren nicht in den jeweiligen Zuständen, sondern ändern, über die Zeitachse betrachtet, ihre Intensität und Polarität im Rhythmus des Eingangssignals. Diese elektromagnetische Welle breitet sich mit nahezu Lichtgeschwindigkeit in dem Hohlleiter aus.

Bild 4: E- Feld im Hohlleiter (Querschnitt, Momentaufnahme, H10- Modus)

Bild 5: Feldstärkeverteilung der Wanderwelle im Hohlleiter
Älteres Bild nicht mehr in Großformat:

Bild 6: H- Feld im Hohlleiter (Draufsicht, Momentaufnahme)

Bild 6: H- Feld im Hohlleiter (Draufsicht, Momentaufnahme)

Bild 6: H- Feld im Hohlleiter (Draufsicht, Momentaufnahme)
Das elektrische und das magnetische Feld stehen bei elektromagnetischen Wellen lokal jeweils immer senkrecht aufeinander. Zeigt das elektrische Feld in Ausbreitungsrichtung, spricht man von einer E–Welle oder TM-Welle (von engl.: Transverse Magnetic). Zeigt das magnetische Feld in Ausbreitungsrichtung, spricht man von einer H–Welle oder TE-Welle (von engl.: Transverse Electric).

Seite „a“
Bild 6: Reflexion einer schräg einfallenden Welle an einer Metallwand
Ausbreitung durch Mehrfachreflexion
Die Wellenausbreitung in Hohlleiter kann man teilweise auch mit Hilfe der geometrischen Optik erklären. Die Eigenschaften der Wellen in einem Hohlleiter kann aus denen einer ebenen Welle abgeleitet werden. Bild 6 zeigt die Reflexion einer ebenen Welle mit einer Wellenlänge λ₀ an einer Metallwand bei einem schrägen Einfall (hier mit dem Winkel φ = 67°). Das elektrische Feld E steht hier senkrecht auf der Darstellungsebene und kann deswegen nur farblich markiert werden. Der Wellenberg (mit +Emax) ist rot eingefärbt und das Wellental (mit −Emax) in blau. Die grüne Farbe symbolisiert die Nulllinie.
Der Einfallswinkel ist gleich dem Reflexionswinkel. Während der Reflexion an der Wand erfährt die Welle einen Phasensprung von 180°. Die Überlagerung beider Wellen ist in dem Bild daran zu erkennen, dass sich in einem bestimmten Abstand von der Metallwand lokale Minima und Maxima als stark rot oder blau eingefärbte Bereiche ausbilden. Im Abstand von
a = 0,5 | λ₀ | (2) |
cos φ |
ergibt sich für E eine Linie der kompletten Auslöschung. Die positive Wellenfront der einfallenden Welle (in rot) trifft mit der negativen Wellenfront der reflektierten Welle (in blau) zusammen. (Hier in der Grafik ergibt das durch die additive Farbmischung lila. Energetisch korrekt müssten diese Bereiche grün dargestellt werden.) Zeitlich verschiebt sich das Bild mit dem Eintreffen der Welle nach rechts.
Man könnte entlang dieser Linie in dem Abstand „a“ eine zweite Metallwand aufstellen, ohne dass sich an der Situation bis hin zu dieser Wand etwas ändert. An dieser zweiten Wand wiederholt sich der Vorgang der Reflexion und ersetzt die permanente Einstrahlung der einfallenden Welle. Es bilden sich zwischen diesen beiden Wänden (so wie davor an nur der einen Wand) positive und negative Maxima der Welle aus. Diese wandern als „Pakete“ mit der sogenannten Phasengeschwindigkeit oder Gruppengeschwindigkeit nach rechts. In 3-dimensionaler Darstellung würden diese „Pakete“ der Darstellung in Bild 5 entsprechen. Diese beiden Wände (die gezeichnete Wand im unteren Bereich der Grafik sowie die nur gedanklich sich vorgestellte Wand in Höhe der waagerechten Linie) entsprechen den Wänden „b“ des Hohlleiters.
Ebenso ist aus dieser Grafik ersichtlich, dass eine optimale Wellenausbreitung im Hohlleiter nur bei einem optimalen Einfallswinkel der einfallenden Welle möglich ist. Von diesem Einfallswinkel φ und der Wellenlänge der zu übertragenden Welle ist ebenfalls abhängig die optimale Breite der Hohlleiterseite „a”.
Wellenlänge im Hohlleiter
Praktisch bilden sich im Hohlleiter Spannungsminima und Spannungsmaxima durch mehrfache Interferenz von an den Wänden reflektierten Energieteilen aus. Die nach rechts wandernden „Pakete“ haben in ihrem Maximum einen anderen Abstand untereinander, als die Wellenlänge λ₀ im freien Raum. Dieser Abstand entspricht
λh = | λ₀ | (3) |
sin φ |
Die Wellenlänge einer Schwingung im Hohlleiter λh unterscheidet sich deshalb von der Wellenlänge λ₀ im freien Raum. Leider ist dieser Winkel nur schwer zu messen. Aus dem Verhältnis der Wellenlänge zum optimalen Einfallswinkel lassen sich diese Abhängigkeiten verknüpfen. Die Wellenlänge im Hohlleiter hängt nun von dem Verhältnis der Dimension a des Hohlleiters zur Wellenlänge im freien Raum ab:
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Es entsteht eine Phasengeschwindigkeit, die sich bei einer gleichförmigen Schwingung mit einer um den Faktor sin φ höheren Geschwindigkeit ausbreitet, als die Lichtgeschwindigkeit. Deswegen ist die Wellenlänge im Hohlleiter λh oft merklich größer als im freien Raum. Ein Energietransport (und somit auch eine lokale Änderung der Schwingung) breitet sich dagegen trotzdem mit einer Geschwindigkeit aus, die kleiner als die Lichtgeschwindigkeit ist.

Bild 7: Darstellung der Wandströme einer H₁₀–Welle (Momentanaufnahme). Bei einer Wanderwelle verschiebt sich das Bild mit annähernder Lichtgeschwindigkeit in die Ausbreitungsrichtung.

Bild 7: Darstellung der Wandströme einer H₁₀–Welle (Momentanaufnahme). Bei einer Wanderwelle verschiebt sich das Bild mit annähernder Lichtgeschwindigkeit in die Ausbreitungsrichtung.
Dämpfungsverhalten
Ausschlaggebend für die gute Leitfähigkeit des rechteckigen Hohlleiters ist seine Abmessung (Seite „a“) in Bezug auf die zu übertragende Frequenz. Hohe Frequenzen benötigen Hohlleiter mit kleineren Abmessungen und umgekehrt.
Das Dämpfungsverhalten von Hohlleitern ist stark frequenzabhängig. Ein Hohlleiter, mit der Grenzfrequenz betrieben, weist noch eine relativ starke Dämpfung auf, die erst mit der Erhöhung der Frequenz ein Minimum erreicht, das über einen bestimmten Bereich fast konstant bleibt, um anschließend wieder anzusteigen.
Die Dämpfung der Wellen erfolgt über Wandstromverluste. Bild 7 zeigt die Verteilung der Wandströme einer H₁₀–Welle. Die Wandstromdichte ergibt sich aus der Tangentialkomponente der magnetischen Feldstärke an der Wandoberfläche. Der Wandstrom verläuft parallel zur Wandoberfläche, ist aber senkrecht zur magnetischen Feldstärkekomponente orientiert. Der Wandstrom fließt auf der Boden- und Deckwand in der Mitte in Ausbreitungsrichtung. Zum Rand hin fließen zusätzliche Querströme. Aus der Berechnung des Flächenintegrals über die Wandstromdichte könnte die Dämpfungskonstante der Hohlleiterwelle berechnet werden.
Die Wandströme fließen nur an der Innenseite des Hohlleiters. Meist sind die Hohlleiterwände aus poliertem Messing gefertigt. Die Innenwände können auch versilbert oder (ab etwa 40 GHz) sogar vergoldet sein. Verschmutzungen an der inneren Oberfläche wirken sich als zusätzliche Dämpfung aus.

Bild 8: Bei annähernd gleichem Durchmesser hat der Hohlleiter bedeutend bessere Durchschlagsfestigkeit.
Durchschlagsfestigkeit
Die Durchschlagsfestigkeit eines Hohlleiters hängt von den Abständen der Hohlleiterwände ab, d.h. im Querschnitt kleine Hohlleiter (für hohe Frequenzen) weisen eine geringere Durchschlagsfestigkeit auf als Hohlleiter mit großem Querschnitt. Bei Rechteckhohlleiter ist der geringste Abstand, also die Länge der Seite „b“, maßgebend. Die Durchschlagsfestigkeit ist auch von der Luftfeuchtigkeit abhängig. Um die Durchschlagsfestigkeit bei höheren Übertragungsleistungen zu verbessern, wird im Innern des Hohlleiters ein Überdruck erzeugt, der feuchte Luft aus dem Hohlleiter drückt, bzw. nicht eindringen lässt. Diese Luft wird in aufwändigen Verfahren während der Verdichtung getrocknet.

Bild 8: Bei annähernd gleichem Durchmesser hat der Hohlleiter bedeutend bessere Durchschlagsfestigkeit.
Anwendungsbereiche
Eingesetzt werden Hohlleiter
- in Hochleistungs-Sendeanlagen im Mikrowellenbereich;
- in Radaranlagen;
- in Mikrowellenherden als Verbindung zwischen Magnetron und Garraum;
- und auch als kurzes Stück zwischen Rillenhornstrahler und Leiterplatte in Low Noise Blockconvertern (LNB), die in Parabolantennen für den Satellitenempfang Verwendung finden.
Referenzen:
- Pressemitteilung des Fraunhofer-Instituts für Schicht- und Oberflächentechnik
- Raw Waveguide Information (technische Daten kommerzieller Hohlleiter)