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Füllstandsradar

Schaumschicht
Flüssigkeitspegel

Bild 1: Füllstandsmessung mit Radar

Schaumschicht
Flüssigkeitspegel

Bild 1: Füllstandsmessung mit Radar

Füllstandsradar

Das Füllstandsradar ist ein berührungsloses Messverfahren für den Füllstand in Prozesstanks, Lagertanks sowie offenen oder geschlossenen Silos in der Prozessindustrie. Dabei sendet das Messgerät Mikrowellensignale von oben auf das Füllgut, welches diese reflektiert. Anhand der vom Messgerät empfangenen Echosignale wird die Entfernung zur Füllgutoberfläche ermittelt und bei bekannter Behältergeometrie lässt sich daraus der Füllstand berechnen. Mit diesem Messverfahren können pulverförmige bis stückige Schüttgüter, Flüssigkeiten und Trennschichten in Flüssigkeiten (zum Beispiel die Dicke einer Schaumdecke auf der Flüssigkeit) gemessen werden. Die gemessenen Laufzeiten können zu dem Messgut kalibriert werden, so dass auch unebene Oberflächen bei rieselnden Materialien die Messung nicht beeinflussen. Bei dieser Kalibrierung wird auch die unterschiedliche Ausbreitungsgeschwindigkeit elektromagnetischer Wellen in den jeweiligen Medien berücksichtigt.

Die Vorteile dieses Messverfahrens sind

Es werden meist frequenzmodulierte Dauerstrichradarverfahren in den verschiedensten Frequenzbereichen (6, 10, 24 und 76 GHz) angewendet. Jedoch auch Pulsradar wird noch angewendet, wenn auch nur mit geringem Auflösungsvermögen wegen der sonst notwendigen extrem kurzen Impulsdauer. Auch hier gilt: je höher die Trägerfrequenz, desto kleiner und effektiver können die Antennen konstruiert werden. So hat ein Hornstrahler für 25 GHz einen Öffnungswinkel von etwa 10°. Ein Hornstrahler für 76 GHz ist nicht nur wesentlich kleiner, er hat einen Öffnungswinkel von nur etwa 3°. Diese Schärfung der Abstrahlungsrichtung verhindert Reflexionen an der Behälterwand.[1] Die Anlagen benötigen meist eine Frequenzzulassung der Bundesnetzagentur unter dem Sammelbegriff „Nichtnavigatorischer Ortungsfunk”.[2]

Multi-Echo Tracking

Als Multi-Echo Tracking wird ein Verfahren bezeichnet, welches störende Echos von Einbauten im Behälter ausblendet (Einfüllstutzen, Kühl- oder Heizaggregate, Rührwerke).

Wenn das Messergebnis als analoges Signal (wie im Bild 1 gezeigt) auf einem A-scope angezeigt wird, so sind auch diese zusätzlichen Echos von den Einbauten im Behälter erkennbar. Die Lage dieser Einbauten sind bekannt und könnten softwaremäßig mittels einer Torschaltung ausgeblendet werden. Das ergibt Probleme, wenn die Füllhöhe genau die Höhe eines dieser Einbauten hat: dann wird oft auch die Füllhöhe nicht angezeigt.

Das Radar empfängt aber immer auch ein Echo von dem Boden des Behälters. Bei gut gefülltem Behälter erscheint dieser Boden in einer scheinbar größeren Entfernung, als bei leerem Behälter. Das liegt an der geringeren Ausbreitungsgeschwindigkeit elektromagnetischer Wellen innerhalb des Füllgutes. Die scheinbare Entfernung des Behälterbodens enthält also ebenfalls die Füllhöhe als Messergebnis.

Aus beiden Messergebnissen (Echo von der Oberfläche des Füllgutes und von der scheinbaren Entfernung des Behälterbodens) kann nun die Füllhöhe exakt bestimmt werden, auch wenn sich das gewünschte Echosignal mit den Echos von Behältereinbauten überlagert. Reflexionen von störenden Einbauten sowie auch Mehrfachreflexionen können mit dieser Methode ausgeblendet werden.

Geführtes Radar

Bei dem sogenannten geführten Radar handelt es sich um eine Messmethode, die eher der Zeitbereichsreflektometrie zuzuordnen ist, als einem klassischen Radar. Hier wird die hochfrequente Energie nicht in den freien Raum innerhalb des Behälters abgestrahlt, sondern wird entlang eines Metallstabes (der bis zum Boden des Behälters reicht) als Wellenleiter in diesem Behälter geführt. Dieser Wellenleiter übernimmt hier annähernd die Funktion des Innenleiters eines Koaxialkabels. Ändert sich die Dielektrizitätskonstante εr der Umgebung dieses Wellenleiters (zum Beispiel ab der Oberfläche des Füllgutes), dann ändert sich dessen Impedanz. Diese Impedanzänderung ist dann die Ursache für eine Fehlanpassung an dieser Stelle und damit auch Ursache für eine Reflexion eines Teiles der geführten hochfrequenten Energie. Die Auswertung dieser Messergebnisse geschieht genauso wie beim Füllstandsradar, so dass manche Hersteller diese Messmethode vereinfachend mit unter dem Begriff „Radar“ führen.

Diese Messmethode ist besonders geeignet für Behälter, deren Innenwand sehr viele mechanische Inhomogenitäten wie Heizschlangen, Einlässe oder gar Rührflügel aufweist. Diese würden sonst ebenfalls Reflexionen einer elektromagnetischen Welle hervorrufen und so das Messergebnis überlagern oder verdecken.

Quellen und Zusatzliteratur:

  1. Armin Scheuermann, „Neues Hochfrequenz-Radar zur Füllstandmessung in Flüssigkeiten“, in Chemietechnik Heft März 2016, Süddeutscher Verlag Hüthig, Heidelberg (online)
  2. Spezielle Funkanwendungen für bestimmte Benutzergruppen (Ortungsfunk)